DIE ZEIT: Sie veranstalten am 19. April in Bonn eine wissenschaftliche Tagung zum Thema »Serienmord als ästhetisches Phänomen«. Was ist an Serienmorden ästhetisch?

Stefan Höltgen: Zunächst überhaupt nichts, aber im Kino kann der Serienmord wie alles ästhetisiert werden. Es gibt ja auch die Ästhetik des Hässlichen und der Gewalt. Für meine Dissertation habe ich 40 Serienmörderfilme untersucht.

Zeit: Und was haben Sie herausgefunden?

Höltgen: Diese Filme sind ein Gradmesser für die Darstellung von Gewalt im Kino, aber sie greifen auch Themen auf, die sonst tabu sind. Immer wieder wird neu debattiert: Darf man das zeigen? Oft sehen Zuschauer aber auch etwas, das auf der Leinwand gar nicht wirklich zu sehen ist. So haben Leute Stein und Bein geschworen, dass beim Duschmord in Psycho das Messer sichtbar in den Körper der Frau eindringt. Selbst professionelle Zuschauer machen solche Fehler. Etwa beim Totalverbot des Kettensägenmassakers von 1974: Das Zensurprotokoll behauptet, man sehe, wie eine Frau an einem Fleischerhaken aufgehängt wird. Der Film ist aber so geschickt montiert, das man es gar nicht wirklich sieht.

Zeit: Sagen die Filme auch etwas über das gesellschaftliche Umfeld zur Entstehungszeit des Films aus?

Höltgen: Siodmaks Film Nachts, wenn der Teufel kam von 1953 zum Beispiel ist weniger an dem Serientäter Bruno Lüdke interessiert als am System und den Verbrechen der Nazis – also schon damals eine dezidierte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.

Zeit: Das war noch ein richtig guter Film!